VON DER SCHUL-AG ZUM VEREINSTEAM | BEST PRACTICE

von Dr. Edzard Glitsch

Vielen von uns ist es bekannt. Die Vereinsdichte in Berlin, insbesondere auch Kreuzberg, ist sehr hoch. In direkter Nachbarschaft viele Vereine mit Mädchenmannschaften, teilweise über Jahrzehnte etabliert. Der Wettbewerb ist groß.

Eintracht/Südring von 1931 hatte noch nie eine Mädchenmannschaft. Lediglich eine Frauenmannschaft hat es vor 30 Jahren mal für ein paar Jahre gegeben.

Hier könnt ihr lesen, wie es bei Eintracht geklappt hat, erstmalig in der Vereinsgeschichte eine Mädchenmannschaft zu binden und in den Spielbetrieb zu bekommen:

  1. Eine Vision wurde formuliert, eine Mission definiert und 2 Jahre wenigstens ernsthaft verfolgt. Dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Eintracht wollte in seiner Fußballsparte, im gesamten Vorstand, inkl. Erwachsenenbereich, ausdrücklich eine Mädchenmannschaft. Das war früher nicht immer so. Außerdem gab es mindestens eine Person, die für dieses Projekt „Mädchenfußball“ im Verein und auch nach außen hin bekannt und ansprechbar war.  Mit diesen Zutaten entstand eine Entwicklungsagenda in den Köpfen und auch in einem Sitzungsprotokoll war irgendwo zu lesen: „Ja wir wollen eine Mädchenmannschaft haben und unterstützen das.“
  2. Ebenso wichtig war aus heutiger Sicht der Zugang zu Informationen, zu speziellen Projekten (hier z. B. „Alle kicken mit“) und zur Zielgruppe. 8-10 Jahre war aus unserer Sicht ein passendes Alter. Die nächste Schule liegt bei Eintracht nicht weit vom Vereinsgelände entfernt. Logistisch schon mal gut. Aber idealistisch sind nicht alle Schulen so kooperationsfreudig und unterstützend wie unsere. Zumindest eine wesentliche Person (Sportkoordinatorin oder begeisterte Lehrkraft) sollte sich auf Schulseite ebenso für den Mädchenfußball einsetzen, wie es die Person auf Vereinsseite tut. Der Erfolg hängt meist an der Person, die (auf beiden Seiten) dranbleibt, sonst wird es schwierig.
  3. Dann ging es auch schon in Richtung Kooperationsvereinbarung und das Schaffen einer Struktur. Das hat was Offizielles und fördert den Zusammenhalt für eine gemeinsame Sache einzustehen. Man lässt sich aufeinander ein und hat – wie im Falle von „Alle kicken mit“ – einen repräsentativen und erfahrenen Partner, der solche Kooperationen für beide Seiten attraktiv erscheinen lässt. Ein wenig Ausstattung, Infos zu Umsetzungsfragen, Unterstützung bei Aktionen, also Entwicklungssupport wie bei einem Coach oder Mentor, der einem weiterhilft, wenn’s hakt. Die Schule bucht eine Hallenzeit, bietet eine Mädchen AG an und eine Trainer*in von Eintracht als Repräsentant*in einer vereinsmäßigen Fußballkultur führt die AG durch. Also quasi Hallentraining in der Schule, durchgeführt vom Fußballverein.
  4. Tit for Tat“ oder „Quit pro Quo“ war rückblickend ein gutes Prinzip. Wir tun was für Euch (Schul AG/Sportangebot/Drumbo-Cup coachen), die Schule tut etwas für den Verein und schickt ihre Mädchen zu Eintracht. Und an dieser Stelle heißt es: Aufgepasst! – Denn wenn in der Fußball-AG der Schule bereits Kinder aus einem anderen Fußballverein mitmachen, gehen die Freundinnen ohne böse Absichten gerne dorthin, wo die Freundin schon im Verein und der Vater dort Trainer ist. Das hat uns ca. ein Jahr Zeit gekostet. Danach haben wir die AG nur noch für Mädchen ohne Vereinszugehörigkeit durchgeführt. Es war eine erfolgreiche Plankorrektur.
  5. Der letzte Schritt war das Angebot einer Trainingszeit auf unserem Platz im Freien. Das nimmt Berührungsängste, nach dem Motto: „einfach mal drüben bei Eintracht trainieren.“ Natürlich waren das top vorbereitete Trainings mit dem Angebot eines Testspieles gegen „echte“ Fußballmannschaften aus etablierten Vereinen und einer Mitgliedschaft, wenn es Spaß macht. Da haben wir dann einfach mal bei erfahreneren Kolleginnen angefragt. Auch „Alle kicken mit“ konnte vermitteln. Die Mädchen und Eltern, aber auch die Schule fanden die Idee, spontane Vereinsluft zu schnuppern, gleichermaßen wirklich spannend und fast alle wollten es testen. Kleine Erfolgserlebnisse bei einem „echten“ Fußballspiel im Verein. Sympathie und nicht so sehr fußballstark, war der Gedanke bei der Auswahl der Gegnerinnen.

 

Im Ergebnis war das für alle eine richtig super Erfahrung. Und dann noch Aussicht auf Turniere beim BFV oder sogar mal zum Fußballfest bei Union. Schöne Erfahrungen ermöglichen war die Devise, und das hat geklappt. Die erfolgreichen Kolleg*innen wussten das schon lange und haben unterstützt wo sie konnten. „Kommt vorbei zum Turnier oder zum Spiel. Wir laden Euch ein. So haben wir auch angefangen. Durchhalten. Ihr seid eine sympathische Truppe“, haben sie gesagt. Ein halbes Jahr später (nach insgesamt ca. 1,5 jahren) konnten wir die erste Mädchenmannschaft im Spielbetrieb anmelden. Eine jüngere Mannschaft kommt nach.

 

 

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